Kongobrief September 2022

Auch im Kongo hat’s reiche, ja sehr reiche Leute. Sie bewohnen schöne Häuser, fahren teure Autos – genau wie bei uns. Ich habe mich oft gefragt, wieso trotzdem so unglaublich viele Menschen in diesem schönen Land in tiefster Armut und im Elend leben müssen? Eine der Antworten ist, dass die meisten afrikanischen Länder kein „soziales Netz“ kennen, also keine Kranken- und Altersversicherung, keine Sozialhilfe, keine Wohnungshilfe. Rudimentär gibts diese Versicherungen sogar, aber für „Normalsterbliche“ sind sie entweder zu teuer oder nicht erreichbar, weil man z.B. sein Leben lang in der „Schattenwirtschaft“ sich durchge­schlagen hat, als Tagelöhner zum Beispiel. Das „soziale Netz“ ist für sie die Familie, mit Geschwistern, Onkel, Tante usw. Bei extremen Notfällen (Krankheit, Tod), müssen alle Familienmitglieder zusammen­legen, damit alles bezahlt werden kann. Da dies relativ häufig vorkommt, sind die meisten Familien immerzu am „Anschlag“, kommen also auf keinen grünen Zweig, wie man hier sagen würde. Dies ist die Not, der sich eigentlich die sogenannte Entwicklungshilfe annehmen müsste. Doch meist kommt sie mit Rezepten aus dem Norden, die in der tropischen Welt oft nicht funktionieren. Dies ist in älteren Kongobriefen immer wieder beschrieben worden.

 

Wir haben uns entschlossen vor allem Kinder- und Jugendprojekte zu fördern, um ihnen eine bessere Zu­kunft zu geben. Wir hoffen hier auf Ihre Mithilfe, obwohl auch in Deutschland derzeit vieles teurer wird. Trotz alledem ist unser Lebensstandard sehr viel höher als jener der Kongolesen, die permanent im „Überle­bens-Modus“ sein müssen. Wir hören immer häufiger von Freunden dort, dass der Hunger zum täglichen Begleiter wird. So weit sind wir in Deutschland Gott sei Dank noch nicht und haben somit guten Grund mit den Armen zu teilen, was wir haben.

 

Im letzten Kongobrief zu Ostern berichteten wir ausführlich aus den Marafiki-wa-Mazingira-Gruppen, also von den jugendlichen Naturschützern, die wir dank der Zuwendung einer Stiftung und dank Ihrer Spenden fördern können. Wir danken allen, die uns daraufhin wieder eine Unterstützung zukommen lie­ßen. Damit konnten wir eine Fortbildung für die Gruppenleiter finanzieren. Der Bericht darüber kann auf der LHL-Webseite gelesen werden: Insgesamt fördern wir zehn MWM-Gruppen. Davon nahmen acht an der Fortbildung teil. Die Kinder lernen nicht nur Bäume pflan­zen, sondern auch weitere nützliche Dinge für ihr (Über-)Leben im ländlichen Bereich. Und dies sind erste Ergebnisse, die während der Fortbildung berichtet wurden:

Alle Gruppen haben die Vision, dass die Jugend sich für den Umweltschutz stark macht und lernt, die Vorteile der Wälder zu nutzen. Jede Gruppe hatte in der letzten Regenzeit jeweils ungefähr 1,5 ha aufgeforstet mit ungefähr 500-1000 Baumsetzlingen. Die Kinder lernten auch Gemüsegärten anzulegen u.a. mit Auberginen, Zwiebeln, Kohl und Amaranth und haben das Ziel, die Ernte neben dem eigenen Konsum so zu vermarkten, dass jedes Kind pro Quartal 5$ Einnahmen daraus erhält. In einigen Gruppen reichten schon bisher die Einnahmen zur Finanzierung ihres Schulgeldes. Mit großer Begeisterung züchten die Kinder auch Meerschweinchen, Hasen und Hühner.

Die MWM-Gruppe von Uvira hat folgenden Schwerpunkt in diesem Jahr: Hier soll das sehr erosionsgefährdete Nyarumanga-Tal stabilisiert werden. Die Jugendlichen wollen dies durch die Anpflanzung antiero­siver Bäume und Gräser bewerkstelligen. In ihrer Baumschule wach­sen deshalb verschiedene geeig­nete Pflanzen heran, darunter Bambus und das Tripsacum-Gras, welches sehr tief wurzelt, da­durch überall der Erosion Einhalt gebietet und das sogar noch als Viehfutter beliebt ist.

Mit Ihren Spenden haben wir die­se Baumschule gefördert. Dar­über hinaus haben wir für arme Mütter im nahegelegenen Stadtviertel die Produktion von holzsparenden Lorena-Öfen unterstützt, damit sie nicht soviel Feuerholz suchen müssen. Wir danken allen, die uns in den letzten Monaten und überhaupt mit einer oder mehreren Spenden unterstützt haben.

Unser zweites Projekt für welches wir um Ihre Spenden bitten, finanziert Schulgeld für Kinder armer Fami­lien und vor allem für Waisen- oder Halbwaisenkinder. Schule kostet immer noch Geld im Kongo. Wir konn­ten dank Ihrer Spenden im letzten Schuljahr wie geplant alle 160 Kinder fördern. Im April schrieben wir, dass uns noch 2.500 € fehlen würden und dank Ihrer Spenden konnte dies dann auch noch finanziert werden. Ganz herzlichen Dank jedem Unterstützer!

Vor einigen Tagen schrieb mich David auf Facebook an, der auch an meinen Deutschkursen teilgenommen hatte, die ich bei meinen Besuchen in Uvira regelmäßig gab. Er schrieb aber nicht auf deutsch sondern in ei­nem guten Englisch und wollte sich einfach mal bei mir bedanken. Ich fragte: wofür? Ich hätte doch nichts für ihn getan. Doch, das hätte ich. Ich hätte dafür gesorgt, dass er sein Abitur habe machen können. Ohne un­ser Schulgeld sei das nicht möglich gewesen. Diesen Dank will ich gerne an Sie alle weitergeben. Nun ist Zufall, dass ich David persönlich kenne. Die meisten Kinder, die wir fördern, kenne ich natürlich nicht per­sönlich.

Auch im neuen Schuljahr, das in diesen Tagen begonnen hat, wollen wir wieder 160 Kinder för­dern und haben uns entschlossen noch weitere 10 Waisenkinder hinzuzunehmen. Wie schon in der Vergangenheit können wir nicht allen Kin­dern garantieren, dass wir für das gesamte Schuljahr ihr Schulgeld finanzieren. (Diese Ga­rantie ist nur möglich für jene Kinder, welche ei­nen persönlichen Schulgeldpaten hier in Deutschland haben, der oder die für sie das Schulgeld für das gesamte Schuljahr übernimmt: https://www.l-h-l.de/de/neuigkeiten/kongo-hier-koennen-sie-schulgeld-patin-oder-pate-werden ) Wir sind aber allen Unterstützern sehr dankbar, dass wir bisher immer rechtzeitig die Schulgelder an unsere Partneror­ganisation überweisen konnten, die uns jedes Jahr nicht nur die Listen der Kinder schickt, sondern auch Ab­rechnungen über die Zahlung der Schulgelder, die von den Schulen unterschrieben sind.

Als zusätzliche Schwierigkeit stellt sich derzeit für uns auch noch der Dollar dar, der sehr teuer geworden ist (oder umgekehrt die Euro-Schwäche). Die Schul- und sonstigen Fördergelder überweisen wir in Dollar, der im Kongo die Zweitwährung ist. Ein Dollar kostet derzeit mehr als ein Euro. Früher bekamen wir noch 1,10 oder 1,20$ für einen Euro.

Wir wissen, dass auch bei uns vieles teurer wird, insbesondere die Energiepreise. Umso dankbarer sind wir allen, die uns weiterhin mit einer Spende unterstützen, für das Schulgeld oder für die MWM, die Bäume pflanzen. So bitten wir Sie ganz herzlich, in den nächsten Wochen „unsere“ Kinder im Kongo nicht zu ver­gessen und danken für jede Unterstützung.

 

Hier finden Sie einige ältere Kongobrief auf dieser Internetseite:

Kongobrief November 2016

Kongobrief Dezember 2017

Kongobrief September 2018

Kongobrief April 2019

Kongobrief November 2019

Kongobrief Ostern 2021

Kongobrief Spätherbst 2021