Ein Cuca-shop in Namibia

Deensia: „Wir sind fertig!“

Mini-Business-Mall in Namibia eröffnet

Mai 2012

In Namibia haben wir Deensia vor mehr als zehn Jahren kennengelernt, als 15-jähriges Schulmädchen, welches Deutsch als 2. Fremdsprache gewählt hatte. Fünf Jahre später hat sie bereits ein Au-Pair-Jahr in Deutschland absolviert und heute überrascht sie die deutschen Touristen mit ihren Deutsch-Kenntnissen. Nach zwei Jahren (nach ihrer Rückkehr) als Angestellte in einem kleinen Mini-Markt beschloss sie den Schritt in die Selbstständigkeit.

Zwei Jahre lang übte sie in ihrem kleinen Cuca Shop, jetzt wagt sie einen großen Schritt: zusam-men mit anderen jungen Frauen wollen sie eine Business-Mall gründen, jede hat ihr kleines Geschäft aber alle sitzen in einem größeren Laden. Zuvor muss die neue Mall fertig gebaut werden, es fehlen noch 1.500 € für die Kundentoilette. Ein spannendes Experiment und sowohl hier als auch in Namibia schaut man interessiert zu.

    4. Juli 2012

    Gestern am späten Abend wurde den Fernsehzuschauern die Hilfsbereitschaft unserer großen Spender und Mäzene vorgestellt, angefangen mit Warren Buffet und seine Milliardärsfreunde bis hin zum SAP Gründer Hasso Plattner oder dem Hamburger Reeder Peter Krämer. Bis zu 50% ihres Vermögens stellen sie Stiftungen bereit und die Zahlen sind in der Tat beeindruckend, und auch die Spender lächeln in die Kamera und haben ihre schiere Freude daran, wieviele Kinder mit ihrer Hilfe gegen Malaria geimpft werden können oder eine Grundschule besuchen.

    Am Sonntag habe ich mit Deensia telefoniert und sie sagte einen wichtigen Satz: „Wir sind fertig!“ Seit einer Woche ist ihr kleiner Shop geöffnet, der Druck der Interessenten, allen voran der Kinder, war nicht mehr zu bremsen und so steht Deensia jetzt wieder hinter ihrer Verkaufstheke und bietet in erster Linie Grundnahrungsmittel an, Maismehl, Zucker, Tee und Tabak, für die Kinder Bonbons und Kaugummi.

    Die letzte Rate für den Wareneinkauf konnte sie nicht abwarten, aber beim nächsten Einkauf in Mariental will sie sich auch mit den begehrten Telefonkarten eindecken. Denn in den Abendstunden ist Zeit zum Telefonieren und da die wenigsten über einen Handyvertrag verfügen sondern Call by Call mit Telefonkarten (mit niedrigem Wert ab 1 €), steht abends die Ladentür nicht still. Und da die einzige Konkurrenz ihren Laden bereits um 16.30 schließt kaufen die Kunden gleich noch fürs Abendbrot ein. Nun muss es sich in ganz Hoachanas noch herumsprechen, dass endlich ein Cuca-Shop eröffnet hat wo man nett bedient wird (und wo man Deutsch spricht).

    Der neue Laden steht auf einem größeren Grundstück und das junge Paar plant ein Eigenheim hinter dem Geschäft. Statt die fertigen Ziegelsteine im entfernten Baumarkt einzukaufen lassen sie sich die Steine herstellen. Drei junge Männer formen und backen Ziegelsteine aus Sand, Kies und Zement, Namibias Sonne trocknet sie und wenn 20.000 auf diese Weise hergestellt wurden kann mit dem Bau begonnen werden. Das mit dem selber machen hat einen simplen Grund: die Arbeiter bekommen ihr Geld ausgezahlt und können dafür sich Getränke oder Tabak bei Deensia einkaufen, so bleibt der Dollar in der Region. Ähnlich verfährt sie mit dem Hairshop, wo sich erste Konturen abzeichnen. Zwei junge Mädchen, bei denen sich Deensia in einer 5-stündigen Marathonsitzung ihre Haare flechten ließ, könnten zur Probe an den Wochenenden im neuen Shop ihre Dienste der interessierten weiblichen Kundschaft anbieten, wenn es gut läuft sind alle Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden und der Papa der beiden jungen Frauen ist eine Sorge los (denn er muss als Alleinverdiener und -erzieher 8 Kinder versorgen).

    Jetzt können wir uns entspannt zurücklegen, denn zumindest dieses Projekt ist erst einmal abgeschlossen und ich bin ganz optimistisch, dass mit dieser Anschubhilfe der Betrieb auf eigenen Beinen steht. Es war nicht ganz einfach, hat etwas Nerven gekostet (weil es teurer wurde und ein überraschender Ortswechsel stattfand), aber unsere Partnerin hat einen gesunden Menschenverstand, gepaart mit etwas Geschäftssinn und mit ihrer deutschen "Ausbildung" wird sie den Betrieb nicht nur am Leben halten, sondern in kleinen Schritten ausbauen (Frischfleisch von der Farm des Schwiegervaters ist jetzt einfacher) und weitere Geschäftspartnerinnen suchen und finden. Ich möchte mich darum auch im Namen von Deensia bedanken, die in den letzten sms dies jedes Mal deutlich betonte. Mit Ihrer Unterstützung haben wir einigen Menschen im südlichen Afrika eine neue Zukunft gegeben und das war ein mutiger Schritt. Damit schließt sich der Kreis zu der eingangs erwähnten Fernsehsendung, denn wir konnten beweisen, dass man weder sein halbes Vermögen noch den Zehnten hergeben muss, es geht auch mit vielen kleinen Beträgen (Schwarmfinanzierung nennt sich das heute). Sobald die Bilder von der Eröffnung des Shops oder vom Laden überhaupt hier eintreffen - beim nächsten Einkauf in Mariental wird Deensia auch ein Internetcafe aufsuchen - werde ich mich noch einmal melden. Und selbstverständlich werde ich Sie darüber informieren, wie es in Hoachanas weitergeht und evtl. kann Frau Gleich uns auch einmal berichten.

    Juli 2012

    Namibia-Projekt, Teil 2

    ich hatte bereits angedeutet, dass es mit unserem kleinen Projekt in Namibia gut läuft, darüber möchte ich im ersten Teil dieses Briefes berichten und im zweiten Teil dann über Zukunftspläne. Mit Deensia telefoniere ich häufiger, aber mindestens ebenso häufig skypen wir, zwar ohne Video, aber das Telefonieren ist deutlich billiger als mit Festnetz oder Handy (für mich quasi kostenlos wenn man eine Internetverbindung hat, Deensia muss sich eine Art Telefonkarte kaufen). Ich habe so am Freitag erfahren, dass sie zum Einkaufen in Mariental war, für 500 € hat sie Waren in der Metro gekauft, und für diese Menge muss sie einen kompletten Wagen mieten, soviel Kisten und Säcke sind zu transportieren. Ihr neuester Artikel sind Telefon-karten, die sehr beliebt sind, besonders in der unteren Preislage. Aber selbstverständlich sind der braune Zucker und das Maismehl die Standardartikel, die immer gehen, genauso wie Tabak. Jetzt verkauft sie aber auch schon fertige Zigaretten, einzeln natürlich. Max. zweimal im Monat fährt sie nach Mariental, die Touren sind deutlich länger, also auch teurer, aber am Monatsende gibt es Sonderangebote bei der Metro, das muss man einfach nutzen. Natürlich habe ich auch gefragt, wie hoch denn der tägliche Umsatz sei und ich erfuhr, dass das sehr unterschiedlich ist: zum Monatsanfang, nachdem es Geld gab, hat sie schon mal 500 Dollar abends in der Kasse, kurz vor Monatsende tröpfelt es nur und dann kann sie froh sein, wenn es 300 Dollar sind. Ich schätze, dass 10% davon bei ihr bleiben, das ist natürlich ein bescheidenes Einkommen, etwas über 100 € monatlich, aber es ist steigerungsfähig, hat sie doch gerade erst mit ihrem kleinen Geschäft begonnen.

    Inzwischen ist Deensias Cuca-Shop bekannt in Hoachanas, es hat sich herumgesprochen, auch, dass man hier nicht anschreiben kann, dazu sind die Käufer ihr noch nicht bekannt genug. Diese kommen natürlich zu den normalen Öffnungszeiten von 7 – 19 Uhr, manche aber auch schon vor Sonnenaufgang oder weit nach Sonnenuntergang, d.h. Deensia hat manchmal einen langen Arbeitstag. Dies ist auch ein Grund, warum die beiden jungen Leute darüber nachdenken, sich auf dem Geschäftsgrundstück direkt neben dem Shop ein eigenes Häuschen hinzubauen. Zwei Zimmer sollten es mind. sein, evtl. noch ein Kinderzimmer für später. Johannes hat schon mal gerechnet, wie viele Steine dafür benötigt werden: mind. 5.000, und jeder kostet 5 Dollar, also 25.000 Dollar oder 2.500 € werden benötigt, plus Transport, eine Stange Geld. Dieser Weg ist also kaum zu bezahlen und daher wurde die Idee entwickelt, die Ziegelsteine selbst herzustellen. Als ich davon gehört habe fragte ich mich, wo die Lehm- bzw. Tongruben dort sind, aber wer diese nicht vor der Haustür hat backt sich seine Steine aus Zement. Davon hatte ich bisher noch nichts gehört, aber es geht: 1 Teil Zement und 4 Teile Sand, das alles ordentlich mit Wasser vermischt und dann muss alles nur noch trocknen. Über diese Ziegelherstellung wird später noch mehr zu berichten sein.

    Gesagt getan und jetzt fertigen zwei Männer auf dem Grundstück hinter dem Shop Ziegelsteine. Der Sand wird aus der nahen Umgebung geholt, gesiebt und dann mit Zement vermischt und zuletzt mit Wasser zu einem festen Brei vermischt, der in eine Holzform gepresst wird. Etwas antrocknen lassen und dann an die Luft damit zum fertig trocknen. So wächst ganz langsam ein Ziegelsteinhaufen hinter dem CuCa Shop. Deensia hatte mir schon von den beiden Mädchen / jungen Frauen berichtet, die ihr die Haare so gekonnt frisiert hatten und daraufhin sprach sie zuerst mit dem Vater, der dann seine beiden Töchter zu Deensia schickte. Das darauf stattgefundene Gespräch verlief sehr positiv mit dem Ergebnis, dass die beiden jetzt verrückt darauf sind als Friseurinnen so schnell wie möglich in Deensias Cuca Shop anfangen zu können. Man besprach im Detail was dazu benötigt wird und nun halte ich eine Liste in der Hand: Shampoo, Gel, Relaxer, Haarspray, Kämme und Scheren. Das alles kostet Geld und die Frauen dort wissen, dass wir dieses Geld jetzt nicht als Spende sondern als Darlehen zur Verfügung stellen werden. Also beginnt jetzt hier die neue Suche nach Geldgebern, die für den Frisörshop 1000 € uns zur Verfügung stellen. Als Rückzahlungsfrist stelle ich mir drei Jahre vor, d.h. 1 € pro Tag müßte drin sein. Allerdings haben wir noch keinerlei Erfahrung, was für einen Frisörbesuch zu bezahlen ist und wie viele Kundinnen sich schön machen lassen wollen, aber sie sind zu zweit! Damit beschreiten wir in unserem Namibia-Projekt die nächste Stufe: weitere Geschäfts-partner kommen hinzu und verstärken das Business-Team. Ich hoffe, dass der nächste Schritt mit den beiden jungen Frisörinnen so gut gelingt wie der erste Schritt, natürlich mit Ihrer und Eurer Hilfe.

    Mit den besten Grüßen Bernd Blaschke

    Laufzeit

    Januar 2012 - Juli 2012
    Projektländer 
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    Verantwortliche(r)