Madagaskar: 1. Ausbildungsgruppe zum Tischler

Hallo Madagaskarfreunde,

die beiliegenden Bilder von der Tischlerei habe ich am Montag von Romain erhalten woraufhin ich ihn sofort anrief, das war kein Problem (telefonieren mit Madagaskar ist i.d.R. problemlos möglich), denn in Fianar ist wegen Corona Ausgangssperre, zumindest darf man die Stadt nicht verlassen. Und da auch an der Uni keine Vorlesungen stattfinden ist Romain überwiegend zuhause. Also bat ich ihn mir etwas zu der allg. Situation zu erzählen, etwas auch zu den Fotos die ich gerade erhalten hatte und wie es denn sonst den Menschen ergeht die in unseren Projekten arbeiten.

Einige von Euch haben schon Post von Romain erhalten, aber damit alle die hier in D in unsere Arbeit involviert sind auch gut informiert sind gebe ich einen zusammengefassten Überblick - und mit einigen von Euch muss ich noch nacharbeiten.

Die Hungerkatastrophe im Südosten und Süden beschränkt sich zum Glück nur auf diese Region, im Südwesten und im ganzen übrigen Land ist die Lage entspannter und das Wetter war soweit normal, so dass die Bauern eine durchschnittliche Ernte erwarten. Aber in Andalamegoke sind einige Flüchtlingsfamilien angekommen, die meisten wollen weiter in den Norden, einige Familien aber sind geblieben, haben Verwandte vielleicht und die Kinder wollen in die Schule.

Schule: Diese ist derzeit noch geschlossen und wird vor den Ferien wohl nicht mehr geöffnet. Aber die beiden Abschlussklassen (Grundschule und Oberstufe/Collège) erhalten Förderunterricht und dafür wird auch die Schulkantine geöffnet. Es gibt auf der Farm zwar genügend Maniok, aber Gemüse oder Reis muss nachgekauft werden. Dafür wird Geld benötigt. Durch die Flüchtlingskinder wird die Zahl der Schüler und Schülerinnen kräftig ansteigen, jetzt liegt die Besucherzahl noch unter 200, im Herbst zum Schulbeginn werden mehr als 200 erwartet.

Schulfarm: Es gibt nicht genügend Ehrenamtliche bzw. Freiwillige um das Feld ordentlich zu bestellen. Wir wollen jetzt die Dorfbevölkerung als Erntehelfer einladen und hierfür benötigen wir ebenfalls eine Summe, die uns Romain bald mitteilen wird.

Noch nicht richtig eingeschlagen hat die Weiterverbreitung unserer landwirtschaftlichen Erkenntnisse, z.B. das Kompostieren. Zwar ist auf unserem Feld zu erkennen dass einiges besonders gut wächst und auch dass Agroforestry Sinn macht, wenn also auf einem Feld auch Obstbäume wachsen. Aber jetzt sind wir erst im 5. Jahr und manches braucht seine Zeit. Nachfragen muss ich auch wie das Gewächshaus genutzt wird und ob die Weiterverarbeitung von Mango und Papaya wie vorgesehen funktioniert, das Obst sollte im Gewächshaus getrocknet werden.

Aufforstung: Diese wurde bereits zum Jahreswechsel (vor Beginn der Regenzeit) abgeschlossen aber jetzt wuchert das Gras, sowohl zwischen den kleinen Bäumchen als auch auf den Brandschutzstreifen. In mehreren Wochenendschichten muss alles gesäubert werden, besonders der Schutzstreifen, sonst droht beim nächsten Waldbrand wieder die Gefahr dass das Feuer besonders die Jungpflanzen vernichtet. Also auch hier wird Geld benötigt für die Aufräumarbeiten.

 

Brandschutz ist ziemlich unbekannt aber es wird dringend erforderlich, dass ein paar Geräte zur Brandbekämpfung angeschafft werden müssen (Feuerpatschen, Handschuhe, Schuhe etc). Zudem muss ein Einsatzplan erarbeitet werden. Von Heinz Rothenpieler aus seiner Arbeit im Kongo haben wir ein paar nützliche Tipps erhalten, und für die Beschaffung von Schuhen, Handschuhen und Feuerpatschen braucht Romain Geld bzw. es muss hier gekauft und versandt werden.

Die Tischlerwerkstatt, ein Projekt welches von Brot für die Welt gefördert wird, hat sich gut entwickelt, die Lehrlinge sind schon ziemlich fit im Umgang mit Werkzeugen (dies wurde uns von Arbeit und dritte Welt in Hildesheim zur Verfügung gestellt) und was wir auf den Fotos sehen können sieht eindrucksvoll aus. Was ich noch herausbekommen muss: Ist das eine Auftragsarbeit oder kann man Tisch und Stühle auf dem Markt verkaufen? Oder werden die Möbel am Strassenrand ausgestellt und die Vorbeifahrenden machen einen Stopp?

Romain fragt nach Verbesserungen, z.B. eine Werkbank oder Hobelbank und noch einige elektr. Geräte (Bohrmaschine, Säge) um die Arbeitszeiten effizient zu nutzen (die Lehrlinge arbeiten nur halbtags, den Rest der Zeit helfen sie zuhause). Besonders stolz ist er darauf, dass auch junge Frauen teilnehmen und ohne Probleme mithalten können (wir hatten nichts anderes erwartet). Es ist wohl ein einmaliges Experiment in Madagaskar und vielleicht wird die Regierung auf uns aufmerksam?

 

 

 

 

 

Auch die Frauen des Dorfes haben jetzt mit Kunsthandwerk angefangen, speziell Flechtarbeiten, eine der Frauen beherrscht die Technik , kann das sehr gut und vermittelt ihr Wissen an die Teilnehmerinnen. Ich habe noch keine Bilder gesehen und werde nachfragen. Werden die Decken und Taschen auch verkauft, das wäre meine Frage, und können sich die Frauen einen kleinen Nebenverdienst damit verschaffen? Ohne Touristen ist das vermutlich nicht so einfach.

Und zum Schluss noch ein Wort zu AJPER, die Studentengruppe, die mit sparsamen und effizienten Kochern experimentiert. Die Verwendung von Lehm als Baumaterial stößt an seine Grenzen und soviel haben sie erkannt, dass die Verarbeitung verbessert werden muss indem es in die Form gepresst wird. Ich vermute dass sich noch zuviel Luft in dem Lehmklumpen befindet, aber genaueres wollen sie erfahren und bei ADES anfragen, die ebenfalls mit Lehm arbeiten. Aber der Kauf einer Presse ist schon ihr dringender Wunsch, also werden wir das auch unterstützen. Ebenso die Umwelterziehung an der Schule, die zur Partnergemeinde in Fianar gehört und auch von der evang. Markuskirchengemeinde in Dü'dorf unterstützt wird. Wie bereits in Andalamengoke soll auch hier in Form von Projektwochen das Bewußtsein für eine intakte Umwelt bei den Schülerinnen und Schülern stärker entwickelt werden. Sie sind bereits aktiv bei den Aufforstungsarbeiten engagiert, die auch in Fianar durchgeführt werden und haben sich auch schon gemeinsam an FFF-Veranstaltungen beteiligt. Einen kleinen Rückschlag hat unser Bemühen erlitten, die Pelletproduktion durch die Bundesumweltstiftung fördern zu lassen, hier muss der Antrag noch einmal umgearbeitet werden.

 

 

 

 

 

Trotz der schwierigen Bedingungen ist einiges erreicht worden und wir hoffen dass die Coronapandemie bald überstanden ist, aber das Impfen geht nur sehr langsam voran. Vielleicht kommen noch in diesem Jahr die ersten Touristen, das würde Romain helfen seine Ecolodge wieder eröffnen zu können - und damit würde sich auch die finanzielle Situation im Dorf insgesamt verbessern. Wir versuchen von öffentlichen Fördergeldern unabhängig zu werden, aber die Schule wird wohl bis auf weiteres auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein und wir sind sehr dankbar, dass das Luisengymnasium unsere Schule bisher so fantastisch unterstützt hat und hoffentlich auch weiterhin helfen wird. Danken möchte ich auch der Markuskirchengemeinde und allen anderen Spendern und Freunden die unsere Arbeit mit Geld und/oder Engagement fördern.